Liebe dunkle Seelen,
seit Jahren bewege ich mich im Netz und in Foren als Sapphia Dusterbraut. Dieses Pseudonym möchte ich auch in Zukunft verwenden, falls ich mich jemals traue, meine Musik zu veröffentlichen.
Unter meinem realen Namen bewege ich mich in der Hamburger dunkelbunten Szene.
Ich bin sehr an realen Treffen und Unternehmungen interessiert. Aufgrund meiner Ausgrenzung und Vielfach-Diskriminierung bin ich psychisch erkrankt und habe mich deshalb seit zwei Jahren zurück gezogen. Bis dahin war ich in zwei Hamburger Stammtreffen (Dunkles Leben und Schwarzes Hamburg), gemeinsamen Parties und (Friedhofs-) Spaziergängen präsent, in Clubs (kir, Markthalle, Werkstatt 3, Ghostship etc. pp.) und auf Konzerten zu finden.
Nun möchte ich versuchen, mich der Gruftie-Welt wieder zuzuwenden.
Leider musste ich erleben, dass die dunkelbunten Community in Hamburg keinerlei sozialen Zusammenhalt aufweist.
Ich bin wahrer Gruftie, denn ich habe schon 57 Sonnenumrundungen geschafft. Ich bin weiblich und habe zwei KInder, die leider nicht bei mir leben dürfen.
Begonnen hat meine Zugehörigkeit zur Szene etwa 1990, als mich die Musik von Gruppen wie Lacrimosa begeisterte. Was mit Konzertbesuchen begann, zu denen ich irgendwann nicht mehr allein gehen wollte, führte zu den ersten Gruftie-Freund*innen und regelmäßigen Club-Besuchen.
Irgendwann, als Leute anfingen, mir Gruftie-Geburtstagskarten zu schenken und "Normalos" begannen zu kommentieren: "Trag doch mal was buntes!", dachte ich mir, heya, Du bist wohl Gruftie.
Beruflich habe ich als Physikerin begonnen und später in die internationale Software-Entwicklung gewechselt. Mit meinem Coming-out brach meine Welt zusammen. Mir wurden die Kinder weggenommen, ich wurde ausgesiedelt und zwangsgeschieden. Ich verlor meinen Beruf und mir wurde Arbeitslosengeld verweigert. Ich geriet ín Obdachlosigkeit. Aus eigener Kraft habe ich eine Wohnung in HAmburg gefunden.
Zur Zeit lebe ich von Zwangsrente und Sozialhilfe unter gesetzlicher Betreuung.
Ich weiß nicht exakt wie ich auf Eure Gruppe aufmerksam geworden bin. Ich glaube, es war die Kritik am Dunklen Leben und die für mich attraktive klingende soziale Einstellung.
Ich dürft mir gern Eure Fragen stellen.
Falls jemand in Hamburg wohnt, freue ich mich über ein persönliches Treffen.
Seid nicht böse, wenn das Erstellen meines Profiles etwas Zeit erfordert. Ohne Mobilfunktelefon mit Selfie-Photo-Möglichkeit und ohne Computer ist das etwas aufwändiger für mich. Aber keine Panik. Ich werde das bald ergänzen...
Jetzt versuche ich, den Fragenkatalog zu beantworten:
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1. Wie hast du zu uns gefunden?
Oops! Das habe ich wohl schon erläutert.
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2. Was bedeutet für dich ganz persönlich Gothic? (Auch hier der Hinweis: Ist eine reine Interessensfrage, ich stecke niemanden in Schubladen.)
Gothic ist für mich eine ethische und moralische Lebensweise. Musik ist großer Bestandteil, weil es in mir tiefe Emotionen weckt. Aber auch andere Themen wie Auseinandersetzung mit Naturwissenschaften, europäische Kultur der Aufklärung oder Romantik, Literatur, sozialen Themen, dem Tod oder Philosophie.
Schwarz ist eine dominierende Farbe, aber keine Uniform. Ich laufe zur Zeit als Gemenge von Hippie in schwarz und BDSM herum. Im Sommer oder im Job auch bunt, aber nicht hip oder hop.
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3. Welches Verhältnis hast du gegenüber dem Mond und der Nacht?
Ich liebe die Nacht. Ich liebe das fahle Licht des Mondes. Ich liebe Astronomie. Ich bin lichtempfindlich. Ich liebe die Kühle und die Ruhe. Ich hasse zuviele Menschen. Nachts gehe ich oft spazieren - auch im Nachthemd - oft den Blick träumend nach oben gerichtet.
Ich liebe das Fehlen der Hektik und der Reizüberflutung des Tages. Des Menschen Werk erscheint mir so grundlegend fremd bzw. falsch.
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4. Wie fühlt sich für dich Finsternis an? Magst du sie? Wenn ja. Was magst du an ihr?
Ähem. Bitte seht bei 3. nach ...
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5. Befindest du dich noch auf der Suche nach deinem Weg oder hast deinen Platz in der Welt schon gefunden?
Ich bin ewig suchend. Ich habe das Gefühl, niemals zu finden. Ich spüre, da ist noch mehr. Ich fühle mich, seit ich kleines Kind war, dass alle anderen zufrieden im Garten spielen. Nur ich stehe am Zaun und schaue hinüber, weil ich den Garten verlassen und hinaus möchte.
Ich habe unterschwellig Angst, ein Ziel zu erreichen, weil ich dort enttäuscht sein könnte.
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6. Wenn dir jemand zwei Möglichkeiten bieten würde, welche würdest du wählen? Die erste Möglichkeit würde dir ein schönes Leben ermöglichen. Die zweite Möglichkeit würde dir einen Weg zeigen, auf dem du anderen Lebensformen (Tiere eingeschlossen) helfen könntest ein besseres Leben zu bekommen.
Eindeutig die zweite Möglichkeit. Ich verehre das Leben und muss spontan heulen, wenn ich ein verletztes Tier sehe, dem ich nicht helfen kann. Kein Wesen soll leiden wegen mir. Leider ist das manchmal ein schwer lösbarer Konflikt.
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7. Eine apokalyptische Katastrophe würde das menschliche Leben komplett auslöschen und du wüsstest bereits 24 Stunden vorher davon, was würdest du in diesen letzten 24 Stunden des Lebens tun?
Ich würde meine engsten Freunde anrufen und zu einer gemeinsamen Abschiedsfeier mit Wein und Wikingerblut einladen. Wir setzen uns in die erste Reihe, spielen Skip-Bo ... und ich nehme meine Gitarre mit.
Wie im Film Melancholia fassen wir uns dann an die Hand.
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8. Du siehst auf der Straße liegend eine bewusstlose, komplett verwahrloste Person. Auf den ersten Blick wäre ersichtlich, dass diese Person einen Rausch hat. Würdest du dir die Zeit für einen 2. genaueren Blick nehmen? Und wenn dir dieser 2. Blick die wahre Situation dieser Person eröffnen würde, wie würdest du darauf reagieren?
Ich würde nicht! Ich habe es bereits oft getan: Ich spreche die Person an. Ich setze mich zu ihr. Leider habe ich selbst kein Geld. Früher habe ich einen Geldschein gegeben oder Restaurantgutscheine.
Leider bin ich seit vier Jahren selbst oft auf der Straße liegend. Geholfen hat bis heute niemand. Nur ab und zu kommt die Polizei, um mich zu entfernen.
Die einzige Hilfe, die ich jemals bekam, kam von drei japanischen Touristinnen.
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9. Du siehst einen Pöbel Jugendlicher auf der Straße die sich um ein wehrloses Tier versammelt haben und es quälen. Wie reagierst du?
Ich gehe zu den Jugendlichen und sage ihnen, dass es Unrecht ist. Ich nehme das Tier an mich, um es zu schützen. Meine Erfahrung ist, dass die Täter (z.B: Nazis) so verblüfft von meinem beherzten Eingreifen sind, dass sie verschämt nachgeben.
Hinterher bekomme ich zu hören, dass ich leichtsinnig handeln würde.
Das ist der Borderlinerin in mir aber völlig schnurz. Ich tu mir selbst weh, wer soll mir da schon drohen könne. Hihihi.
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10. Und dies ist meine letzte Frage.
Was bedeutet für dich, ein menschenwürdiges Leben?
Oh je, Das ist ein weites Feld. Zunächst einmal ist das Recht auf Leben wichtig. Ich weiß es, da man es mir sehr häufig verwehrt. Dann muss soziale Absicherung existieren. Nahrung, Kleidung, Wohnung, Teilhabe am sozialen Leben wird in Deutschland sehr vielen Menschen verwehrt. Dazu gehört auch medizinische Versorgung. Im Idealfall - der wohl in Deutschland niemals gewährt werden wird - ist das Recht, glücklich zu leben, eigene Leistungen und Lebensweisen anerkannt zu bekommen, und nicht, wie in der Realität der Geldbeutel der Vorfahren entscheidet über das Recht auf Leben und Glück.
Und dann wünsche ich mir die Einbindung in eine Familie mit Kindern und Partner.
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Uff. Nun habe ich viel getextet. Hoffentlich nicht an Euren Wünschen vorbei.
Liebe dunkle Grüße,
Sapphia