Nachdem ich es nun schon einmal bis durch die Tür geschafft habe, will ich natürlich nicht gleich negativ durch Verweigerung auffallen und stelle mich also artig vor. *schmunzel*
Für mich hat der Weg in die schwarze Szene mit 14 angefangen, was dazu führt, dass ich mittlerweile schon länger dabei bin als nicht. Zu Pfingsten findet man mich mit hoher Wahrscheinlichkeit in Leipzig und ansonsten immerhin noch halbwegs regelmäßig in den "einschlägigen Lokalitäten" in meiner Umgebung. Außerdem besuche ich gern Mittelaltermärkte (in Gewandung).
Ich habe mal studiert, aber mich dann im letzten Moment für einen "aussterbenden" Beruf entschieden - zumindest wird das gern so propagiert.
Zu meinen Interessen gehören Literatur, Photographie (laienhaft), Musik (auch aktiv, aber ebenso laienhaft), Sepulchralkultur, neuerdings auch wieder verstärkt Esoterik und Okkultismus (nach Jahren der "Abstinenz"
- und vieles mehr. Doch ich will nicht schon jetzt alle zu Tode langweilen. Immerhin habt ihr mir einen Fragebogen auferlegt, und ich habe mir tatsächlich die Mühe gemacht, alles zu beantworten. Selbst schuld!
1. Wie hast du zu uns gefunden?
Ganz prosaisch. Per Google-Suche.
2. Was bedeutet für dich ganz persönlich Gothic? (Auch hier der Hinweis: Ist eine reine Interessensfrage, ich stecke niemanden in Schubladen.)
Eine gewisse Geisteshaltung, Weltsicht und Lebenseinstellung. Musik und Kleidungsstil (und ggf. Inneneinrichtung) sind natürlich ein auch bedeutender Teil davon, da sie ebendies nach außen tragen. Doch ich habe zum Beispiel festgestellt, dass man sich meist auch ohne „Kriegsbemalung“ und Ausgeh-Kleidung identifizieren kann, wenn es für einen eben mehr als eine Modefrage ist. Sogar, wenn der andere (z.B. aus beruflichen Gründen) gerade nicht einmal sein „Alltags-Schwarz“ trägt. Diese Geisteshaltung scheint auch so durch und eint die verschiedenen Untergruppen meiner Erfahrung nach trotz aller musikalischen, stilistischen und altersbedingten Unterschiede – was auch Verwechslungen mit anderen Schwarzträgern fast ausschließt.
3. Welches Verhältnis hast du gegenüber dem Mond und der Nacht?
Wie schreibe ich zu solch einer Frage etwas, ohne dass es in die üblichen Klischees ausartet? Meine Neigung zu Friedhöfen und Ruinen ist doch schon Klischee genug!
Die Nacht ist die Zeit des Alten, Okkulten und Arkanen, der Träume – und der Erinnerung an die Unsicherheit und Unbestimmtheit des Lebens. Es ist die Zeit, in der sich die Menschen einst enger um das Feuer drängten und Geschichten aus vergangenen Zeiten lauschten um nicht auf die Geräusche der Dunkelheit zu horchen. Der Mond ist eine Laterna Magica. Mondlicht verwandelt die Welt in einen Zwielichtort, an dem plötzlich Dinge erwachen zu können scheinen, die man bei Tag nur als Märchen abtut. Es ist die Zeit des Magischen und des Übernatürlichen, gegen dessen Einfluss auch die moderne Elektrizität und die Sicherheit der modernen Großstädte den Menschen nicht völlig schützt. Und Einfluss kann auch etwas ausüben, an das man (eigentlich) nicht glaubt oder das es (vielleicht) gar nicht gibt. Der Mensch wird wieder heilsam unsicher. Verstärkt wird das ganze, wenn man in der Nacht durch einen Wald streift. Plötzlich sind auch alle anderen Sinne weit geöffnet, weil das Mondlicht die Augen mit den Schatten foppt, man hört jedes Rascheln und Wispern und wäre mit einem Male gar nicht mehr so überrascht, wenn aus den Schatten etwas Irrationales tritt und einem der Vernunft zum Trotze freundlich grüßt. Die Nacht ist die beste Zeit für schauerliche Lektüren, Nachsinnen, Kreativität und Magie und Esoterik, wenn man so geneigt ist.
Ich hoffe, ich habe nun endgültig alle Klischees hinreichend erfüllt. *zwinker*
4. Wie fühlt sich für dich Finsternis an? Magst du sie? Wenn ja. Was magst du an ihr?
Ich fürchte, ich kann hier keine allgemeine Antwort geben. Für mich gibt es warme und kalte Finsternis, und wie sie sich gerade anfühlt, hängt von der Situation ab, in der ich sie erlebe, und von meiner Gemütslage zu ebendem Zeitpunkt.
Ich schätze an Finsternis, dass sie eben so sehr Projektionsfläche für das eigene Innere ist. Eine Art von Spiegel, der einem sich selbst zeigt, ohne Beschönigung, wenn man sich wagt, hineinzusehen. Und das wiederum ist leichter, weil man in der Finsternis vor den allzu neugierigen Blicken anderer verborgen bleiben kann.
5. Befindest du dich noch auf der Suche nach deinem Weg oder hast deinen Platz in der Welt schon gefunden?
Das kommt darauf an, ob die Frage auf alle Lebensbereiche zielt oder auch in Teilen beantwortet werden darf. Ich habe den für mich idealen Beruf gefunden, und ich habe insofern einen Platz in der Welt gefunden, mit genug mir lieben Menschen um mich herum, die mich annehmen. Aber ich würde nicht sagen, dass ich nun angekommen bin und möchte, dass es für immer genau so bleibt. Ich möchte, denke ich, auch gar nicht angekommen sein. Für mich schwingt da zu viel Endgültigkeit, zuviel „das war's jetzt!“, mit.
Grundlegend glaube ich überhaupt nicht, dass der Mensch jemals sagen kann oder wollen sollte, er habe in jeder Hinsicht seinen Platz gefunden. Wer das behauptet, ist entweder unehrlich zu sich selbst, phantasielos, faul oder innerlich tot. „Es irrt der Mensch, solang' er strebt“ - aber wenn man nicht mehr strebt, steht man still, entwickelt sich nicht mehr weiter, wird starr im Denken, Handeln und Fühlen. Zumindest innerlich ist man doch immer auf der Suche.
6. Wenn dir jemand zwei Möglichkeiten bieten würde, welche würdest du wählen? Die erste Möglichkeit würde dir ein schönes Leben ermöglichen. Die zweite Möglichkeit würde dir einen Weg zeigen, auf dem du anderen Lebensformen (Tiere eingeschlossen) helfen könntest ein besseres Leben zu bekommen.
Das zweite. Denn das eigene schöne Leben muss einem doch vergällt werden, sobald man einmal in die Welt hinausblickt und nicht nur sich selbst und die eigenen Bedürfnisse sieht. Wie kann man denn zufrieden sein schönes Leben leben, wenn vor Lampedusa täglich verzweifelte Menschen ertrinken, in Deutschland geistig verkümmerte Wutbürger gegen Menschen wettern, die sowieso schon alles verloren haben, das Bienensterben den Fortbestand der Natur, wie wir sie kennen, in Frage stellt, Hühnchen lebend in Schreddern landen, weil sie das falsche Geschlecht haben, man noch immer Menschen wegen Religion, Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, sexuellen Neigungen, etc. diskriminiert? (Man kann das hier noch beliebig fortsetzen.) Wer sich je mit Kant befasst hat, weiß, dass Glück nur erreichbar ist, wenn die Welt gut ist – was man sonst dafür hält, ist nur Selbsttäuschung.
7. Eine apokalyptische Katastrophe würde das menschliche Leben komplett auslöschen und du wüsstest bereits 24 Stunden vorher davon, was würdest du in diesen letzten 24 Stunden des Lebens tun?
Ich würde versuchen, all die Menschen noch einmal zu sprechen oder um mich zu scharen, die mir lieb und teuer sind, und gemeinsam einen letzten schönen Tag verbringen.
8. Du siehst auf der Straße liegend eine bewusstlose, komplett verwahrloste Person. Auf den ersten Blick wäre ersichtlich, dass diese Person einen Rausch hat. Würdest du dir die Zeit für einen 2. genaueren Blick nehmen? Und wenn dir dieser 2. Blick die wahre Situation dieser Person eröffnen würde, wie würdest du darauf reagieren?
Ein 2. Blick ist meines Erachtens nicht nötig. In jedem Fall würde ich ärztliche Hilfe für die Person rufen und bis zu deren Eintreffen vor Ort bleiben. Denn auch wenn sie „nur“ einen Rausch hat, kann sie dabei durch Komplikationen, die ich als Laie gar nicht komplett einschätzen kann, zu Schaden kommen. Egal, was die „wahre Situation“ ist oder ob die Person Anzug oder Lumpen trägt: Man lässt keinen Bewusstlosen einfach irgendwo liegen.
9. Du siehst einen Pöbel Jugendlicher auf der Straße die sich um ein wehrloses Tier versammelt haben und es quälen. Wie reagierst du?
Es wäre so leicht, zu behaupten, man geht mutig dazwischen. Stimmt aber nicht – außer man ist bewaffnet oder selbst in einer Gruppe unterwegs. Sonst wäre ein Anruf bei der Polizei die wahrscheinlichere Reaktion für mich.
10. Und dies ist meine letzte Frage. Was bedeutet für dich, ein menschenwürdiges Leben?
Menschenwürdig ist ein Leben dann, wenn alle grundlegenden Bedürfnisse befriedigt werden können und kein Grund zur Sorge besteht, dass dies sich ändert. Wenn man im Falle von Erkrankungen so behandelt wird, wie es zur Genesung oder zumindest Linderung, wenn Genesung ausgeschlossen ist, notwendig und dienlich ist. Und wenn dann noch man eine befriedigende, erfüllenden Tätigkeit ausübt, deren Wert nicht nur in Geld oder (materiellem) Nutzen gemessen wird, und zuletzt man sich in seiner Persönlichkeit frei entfalten und ausdrücken darf ohne Diskriminierung oder gar Strafen zu fürchten, solange man keinen anderen einschränkt oder ihm schadet.
Wer das hier immer noch liest, war wirklich sehr tapfer.
Mein Avatar ist übrigens einer meiner Lieblinge auf dem hiesigen Hauptfriedhof.
Es grüßt
Kolophobium